Ich weiss gar nicht, wie oft ich diese Frage im Netz schon neben zwei Bildvariationen (typischerweise eine in Farbe, die andere in S/W) gesehen habe. Meine (unschwer zu erahnende) Antwort lautet natürlich: im Zweifelsfalle immer S/W! 🙂
Nicht das Farbe automatisch schlecht ist, aber sobald sie im Spiel ist, verlässt man ein grosses Stück weit den Pfad des Reduzierens (siehe mein letzter Beitrag).
Wenn all die Farbinformationen fehlen, müssen wir uns mehr mit dem Motiv auseinandersetzen, denn: Farbe beeinflusst. Ein grosses Beispiel: der Mensch liebt „warme“, gelbliche Farben – sie geben das Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Bilder mit „kühlen“, bläulichen Farben kommen meistens weniger gut an. Ich habe das Jahrelang bei Portraits beobachtet – die vermeintliche Erklärung: unserem Urinstinkt nach sehnen wir uns nach Feuer und der damit Verbundenen Wärme, daher nehmen wir unterschwellig das Warme positiv wahr und spenden solch einem Bild länger Aufmerksamkeit.
Natürlich vermitteln auch „kühle“ Farbe oftmals toll Stimmungen, z.B. bei Fotos im Nebel oder im Winter – aber da sind wir schon wieder beim Thema: Farben müssen i.d.R. bewusst eingesetzt werden – „gelber Schnee“ (an was müssen wir jetzt alle denken?! Genau!) geht einfach nicht. Bei SchwarzWeiss sind wir fein raus – eine Schneelandschaft in SW ist toll – ein Portrait, bei welcher Tageslichttemperatur auch aufgenommen, geht immer.
Mich selber lenken Farben oftmals ab: das fängt schon beim Fotografieren an – ich habe fast ausnahmslos immer einen Kamera-S/W-Filter bei meinen digitalen Kameras aktiviert. Sprich, durch den Sucher oder auf dem Display werden mir die Bilder immer in S/W oder besser gesagt „Farblos“ präsentiert. Dadurch ist der Ablenkungsfaktor Farbe beim Fotografieren schonmal raus – ich muss mich somit auch nicht um den Weissabgleich etc. kümmern. Auch wenn viele Digitalkameras inzwischen tolle „Filter“ an Bord haben, Fotografiere ich nahezu immer im RAW-Format. S/W ist wie wir ja wissen nicht S/W.
SchwarzWeiss hat für mich den oftmals alles entscheidenden Vorteil, Zeitloser zu sein – und das ist für mich ein wichtiger Faktor (vielleicht sogar der wichtigste) bei meinen Arbeiten. Ich will mich ungern Trends unterwerfen – Farben oder Farbstile nutzen sich ab. Was heute noch schön und „in“ ist, ist morgen schon wieder out – gerade die knalligen Farben, die der Umschwung zum Digitalen mit sich brachten zeigen dies meiner Meinung nach sehr gut auf.
In den letzten Jahren geht der Trend in der (Mode)fotografie wieder mehr zu Vintage-Farben wie aus den 60/70er Jahren – ich liebe diesen Look zugegebenermaßen, und setze ihn zwischendurch auch selber ein, aber trotzdem komme ich in den meisten Fällen wieder auf S/W zurück – gerade weil ich befürchte, das alles nur eine Mode ist, an die sich die Sehgewohnheiten orientieren und mich damit beeinflussen.
Ich bin sehr viel im Netz unterwegs und schaue mir Fotos von verschiedenen Künstlern an – oftmals klassische, oftmals neue. Generell ziehen mich Motive am meisten an, wenn ich nicht oder nur schwer erkennen kann, wann ein Foto gemacht wurde. Ob es nun gestern Fotografiert wurde oder vor 80 Jahren: ich liebe das klassische und zeitlos Reduzierte, was die SchwarzWeiss-Fotografie bietet.
Holger